Sprache mitdenken

Fast alle, die sich als Pflegefachperson nach Deutschland anwerben lassen, lernen dazu extra Deutsch. Sie sind bereit, ihren Alltag und ihren Arbeitsalltag zukünftig in einer Fremdsprache zu bewältigen. Dies ist eine große Herausforderung, die umso besser zu bewältigen ist, je mehr professionelle Unterstützung sie erfahren.

Der Umzug in ein fremdes Land ist ohnehin eine sehr große Herausforderung, die gerade zu Beginn einen enormen Druck auf die Pflegefachpersonen ausübt. Viele Dinge geschehen auf einmal und es ist nur verständlich, wenn sich die ankommenden Pflegefachpersonen dadurch eventuell überfordert fühlen und ihre Sprachkenntnisse im ersten Moment vielleicht nicht so abrufen können, wie es das im Sprachkurs erworbene Sprachzertifikat erwarten lässt. Die Verarbeitung der vielen Eindrücke kann dazu führen, dass die Sprachentwicklung sowie das weitere Erlernen der sprachlich-kommunikativen Handlungskompetenz zunächst in den Hintergrund geraten. Ebenfalls herausfordernd bei der Entwicklung einer solchen Handlungskompetenz ist, dass nicht alle Sprachkurse auch „Pflegefachsprache“ beinhalten. Umso wichtiger ist es, dass Unternehmen eine unterstützende Rolle einnehmen und einerseits ein Angebot zur Sprachförderung schaffen und andererseits andere Kolleg:innen dafür sensibilisieren, dass Deutschkenntnisse auf einem nicht muttersprachlichen Niveau nicht in Zusammenhang mit einer geringeren Fachlichkeit stehen. Studien und Erfahrungsberichte zeigen, dass sprachliche Unsicherheiten im pflegerischen Berufsalltag zu Irritationen, Verunsicherungen und Frustrationen führen können – sowohl für die international angeworbenen Mitarbeitenden als auch im Team. Große Spannungsfelder können beispielsweise in der schriftlichen Pflegedokumentation, , Telefongesprächen, in Übergaben im Team oder der Kommunikation mit den zu Pflegenden und ihren Angehörigen entstehen. Der Entstehung solcher Spannungsfelder ist daher mithilfe der frühzeitigen Sensibilisierung und Einbindung des Bestandsteams vorzubeugen.

Es gibt unterschiedliche Wege, um die neuen Kolleg:innen beim Vertiefen der deutschen Sprache zu unterstützen. Aufnehmenden Unternehmen ist dringend zu raten, hier über ihren rechtlichen Verpflichtungsrahmen hinaus tätig zu werden. Fakt ist, dass das Sprachverständnis und die Ausdrucksfähigkeit mit einer nachhaltigen Integration in das Team und das Unternehmen zusammenhängen und auch, ob sich die neuen Pflegefachpersonen gut aufgehoben und willkommen fühlen.

Der rechtliche Rahmen

Um in Deutschland eine Berufsausübungserlaubnis als Pflegefachperson zu erhalten, bedarf es nicht nur einer beruflichen Anerkennung, sondern auch eines Sprachniveaus der deutschen Sprache auf B2-Niveau der Kompetenzskala des Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen (GER). Im Falle der Einreise zur Teilnahme an einer Ausgleichsmaßnahme (nach § 16d AufenthG) können auch Visa und eine vorläufige Arbeitserlaubnis für Pflegefachpersonen vergeben werden, die ein B1-Niveau nach GER nachweisen. In diesem Falle müssen die deutschen Sprachkenntnisse bis zum einem Sprachniveau von B2 GER in Deutschland im Rahmen des Anerkennungsprozesses erworben werden, um die Berufsausübungserlaubnis als Pflegefachkraft zu erhalten.

Diese Regelung wurde von der Gesundheitsministerkonferenz der Länder im Rahmen eines Eckpunktepapiers beschlossen. Das Dokument finden Sie hier: Eckpunktepapier

Das bedeutet, dass die international angeworbene Pflegefachperson nicht nur die Gleichwertigkeit ihrer Berufsqualifikation nachweisen muss, sondern dass sie meist parallel oder vorab auch ihre deutschen Sprachkenntnisse ausbauen muss, um in Deutschland als Pflegefachperson arbeiten zu dürfen.

Sprachförderung im Herkunftsland

Doch auch Deutsch auf B1 Niveau muss erst einmal erlernt werden. Wenn eine Person nicht schon deutsche Sprachkenntnisse hat, ist es notwendig, gemeinsam nach Lösungen für einen strukturierten Spracherwerb zu suchen. Dabei sollte auf zertifizierte Sprachanbietende im Ausland geachtet werden. Nicht zu vergessen ist, dass auch halb- oder ganztägige Sprachkurse finanziert werden müssen. Ebenso wichtig ist die Sicherstellung des Lebensunterhalts der international angeworbenen Pflegefachpersonen im Herkunftsland während der Teilnahme an Sprachkursen. (Denn häufig bleibt diesen kaum Zeit für die Weiterführung ihrer Pflegetätigkeit bis zur Einreise.) Nicht zuletzt muss zur Beantragung des Visums auch eine Prüfung bei einer zertifizierten Sprachschule absolviert werden, um den Sprachstand nachweisen zu können. Welche Sprachzertifikate anerkannt werden, finden Sie in der Regel auf den Internetseiten der zuständigen Stellen für Anerkennung Ihrer jeweiligen Region.

Gute von schlechten Sprachkursen zu unterscheiden ist nicht immer leicht. Das Goethe Institut hat einige Qualitätskriterien erarbeitet, die dabei helfen sollen. Diese finden Sie hier. Außerdem finden Sie sie hier als Download.

Hilfe mit typisch Deutschen Phrasen

Sprachliche Handlungskompetenz lernt man meist nicht nur in einem Sprachkurs, sondern erst wenn man die jeweilige Sprache auch wirklich im Alltag nutzen kann. Wie in jeder anderen Sprache gibt es auch im Deutschen viele Floskeln, Phrasen und Sprichwörter, die wir oft nutzen, ohne darüber nachzudenken. Für Menschen, die gerade erst in Deutschland angekommen sind, sind diese Sprichwörter oftmals unverständlich. Um den daraus resultierenden Missverständnissen präventiv zu begegnen, können Arbeitgebende z.B. „Vokabelhefte“ ausgeben, in denen Dialektwörter und Sprichwörter aufgeschlüsselt werden. Als Beispiel, wie dies aussehen kann, finden Sie hier ein PDF des Projektes „Hands in Hands for international Talents“ der Deutschen Industrie und Handelskammer.

Unterstützung beim Spracherwerb

Arbeitgebende können die neuen Kolleg:innen über den rechtlichen Rahmen hinaus konkret beim Spracherwerb unterstützen. Das erleichtert den neuen Kolleg:innen das Ankommen und die Ausübung/ Aufnahme der Pflegetätigkeit. Tipps und Anregungen/Ideen Möglichkeiten finden Sie hier:

Welche grundsätzlichen Optionen gibt es?

  • Teilnahme an Sprachschulkursen in der Region
    In Deutschland besteht in fast allen Regionen ein guter Zugang zu allgemeinsprachlichen Deutschsprachkursen. Diese finden im Block ganz- oder halbtägig statt – oder auch im wöchentlichen Rhythmus.
  • Online-Sprachkurse sowie Unterstützung per App
    Für viele sind außerdem online-Sprachkurse sowie den Alltag unterstützende Apps eine attraktive Ergänzung – und das nicht nur in Zeiten der Corona-Pandemie. Insbesondere für Pflegeberufe kommen immer mehr Angebote auf den Markt. Beispiele dazu finden Sie hier.
  • In die Ausgleichsmaßnahme integrierte Sprachförderung
    Besonders zielführend und zeiteffizient ist ein integriertes Fach- und Sprachlernen, beispielsweise in Form eines „Team-Teachings“, bei dem ein Sprach- und ein Fachdozent in gemeinsamer Zusammenarbeit die Unterrichtsstunden gestalten. Hier kann ein besonderer Fokus auf praxisnahe Fachsprachkompetenzen gelegt werden. Ansprechpartner*innen für Fragen rund um das Thema integrierten Sprachförderung finden Sie beispielsweise beim Netzwerk IQ und bei Fitt. Das DKF begleitet außerdem auch das Pilot-Projekt INGA Pflege, welches einen besonderen Fokus auf die integrierte Sprachförderung während der Ausgleichsmaßnahme legt.
  • Hilfe bei der Sprachstandserhebung
    Im Modellprojekt INtegration im GEsundheitswesen (INGE) gibt es neben anderen interessanten Informationen unter anderem auch Instrumente zur Messung des aktuellen Sprachstandes von Pflegefachkräften. Eine solche Erhebung kann nützlich sein, um festzustellen, ob es weitere Förderungsbedarfe hinsichtlich der Sprachentwicklung gibt.
  • Sprachflyer des Netzwerks Unternehmen integrieren Flüchtlinge
    Die aufgeführten Flyer finden die Leser:innen typisches Vokabular für unterschiedliche Berufsgruppen. Unter anderem für pflegerische Berufe.
  • Sprachtandem
    In vielen Volkshochschulen, aber auch auf den sozialen Netzwerken gibt es oftmals Angebote für Sprachtandems. Diese sind ein guter unterstützender Weg, um eine Sprache zu erlernen. Das Tandem ist als eine Sprachlernmethode bekannt, bei der sich zwei Muttersprachler:innen gegenseitig die jeweils eigene Sprache beibringen. Beispielhaft finden Sie hier in Angebot der Hamburger VHS.
  • Berufssprachkurse für Gesundheitsfachberufe
    Über die DeuFöV werden Berufssprachkurse für die deutsche Sprache durchgeführt. Für die Durchführung der DeuFöV-Kurse ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zuständig. Weitere Informationen finden Sie hier.
  • Unterstützung bei allen Themen rund um den Spracherwerb und Weiterbildungsangebote
    gibt es bei der „Fachstelle Berufsbezogenes Deutsch“ in Hamburg und der „Arbeitsstelle Deutsch in Saarbrücken“. In beiden Fachstellen stehen vor allem das integrierte Fach- und Sprachlernen, die sprachliche Handlungskompetenz und sprachsensible Angebote für Praxisanleitung im Fokus.
  • In den nächsten Jahren wird das Thema „Fachsprachprüfung“ immer wichtiger werden. Fachsprache ist ein zentraler Faktor in der Handlungskompetenz. Daher ist es enorm wichtig, dass es neuen Kolleg:innen ermöglicht wird, auch ihre fachsprachlichen Kompetenzen weiterzuentwickeln. Auch zu diesem Thema gibt es bereits weitere Informationen. Diese finden sie hier. In den nördlichen Bundesländern (Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Niedersachsen) wird die Fachsprachprüfung bereits umgesetzt oder geplant.

Zur Ermöglichung der Vertiefung der Sprachkenntnisse ist jedoch ein ausreichendes Zeitfenster zu schaffen. Dazu raten wir für den Zeitraum der Teilnahme an einem Sprachkurs dringend zur Freistellung der Pflegefachkräfte.

Kleiner Spickzettel für die Kasacktasche
Die Fachstelle „Berufsbezogenes Deutsch“ der passage gGmbH in Hamburg hat im Auftrag des DKF einen „Spickzettel“ erarbeitet, der in jede Kasacktasche passt und internationalen Pflegefachpersonen vor allem in der Anfangszeit als Unterstützung dienen soll. In acht unterschiedlichen Kategorien sind auf dem Spickzettel situationsbezogene, kurze Sätze und Phrasen zu finden, die den Kolleg:innen schnell weiterhelfen sollen, um die „richtigen“ Worte zu finden, denn das ist besonders am Anfang nicht leicht.

Den Spickzettel finden Sie hier und die dazugehörige Faltanleitung hier.

Digitale Angebote

Ergänzend zu der klassischen Sprachförderung über Sprachkurse kann es auch sehr hilfreich sein, ein digitales Begleitangebot anzubieten. Auch dafür gibt es mittlerweile ein breites und sich stetig erweiterndes Angebot. Hier nur einige Beispiele:

  • Ein Tag Deutsch in der Pflege, Kostenloses Lernspiel, entwickelt von der IQ Fachstelle Berufsbezogenes Deutsch
    Ein Tag Deutsch in der Pflege ist ein kostenloses Lernspiel für die deutsche Sprache im Pflegeberuf mit Übungen zu Kommunikation, Wortschatz, Strukturen, das mit realen Pflegesituationen eingeübt wird. Als Online-Version und als App erhältlich.

  • Lernspiele des Goethe Instituts
    Mit Sprachlernspielen, wie beispielsweise Undercover-Mission im Krankenhaus versucht das Goethe Institut bei Spracherwerb zu unterstützen.

  • Weitere Möglichkeit der digitalen Unterstützung bietet eine Übersicht des IQ-Landesnetzwerkes in Hessen.
  • Mit Vergnügen Deutsch üben
    Kostenlos Deutsch lernen mit unentgeltlich nutzbare Medien zum Üben der deutschen Sprache, entwickelt vom Goethe Institut.

  • IHK Ratgeber Sprachförderung
    Unterstützungsangebote und Informationen für Arbeitgebende zum Spracherwerb der Pflegefachpersonen aus dem Ausland.

  • Kurs „Fachkraft Pflege“
    im kostenlosen vhs-Lernportal des Deutschen Volkshochschul-Verband e. V. lernen die Pfegefachpersonen Dolumente aus der Pflege kennen und trainieren den Wortschatz.

Das Wichtigste
für Ihre To-Do-Liste

  • Begleiten Sie die Sprachentwicklung von Beginn an und fragen Sie nach Unterstützungsmöglichkeit

  • Bieten Sie ausreichend Raum und Zeit für das Erlernen der (Fach)Sprache

  • Informieren Sie die international angeworbenen Pflegefachpersonen über digitale Angebote

  • Beachten Sie, dass die Lebenssicherung während des Vollzeit-Spracherwerbs im Herkunftsland sichergestellt ist – häufig bestehen keine Möglichkeiten zur parallelen Erwerbstätigkeit in der Pflege

  • Suchen Sie zeitnah nach geeigneten pflegefachbezogenen Sprachkursangebot in Ihrer Region.

  • Erkundigen Sie sich bei der zuständigen Stelle Ihrer Region für die nachzuweisenden Sprachvoraussetzungen zur Einreise sowie zur Erteilung der Berufsausübungserlaubnis

  • Sensibilisieren Sie Ihre Kolleg:innen frühzeitig für die herausfordernde Situation und den Zusammenhang zwischen Sprache und Fachlichkeit

  • Fördern Sie die Bildung von Sprachtandems – idealerweise innerhalb Ihres Pflegeteams

  • Schaffen Sie für die international angeworbenen Pflegefachpersonen ausreichend Zeitfenster zum Erlernen und Vertiefen ihrer Sprachkenntnisse während der Anerkennung / des Berufsalltags

  • Fördern Sie die Sprachentwicklung über das gesetzliche Maß hinaus! Ein gutes Sprachverständnis bildet die Grundlage für eine nachhaltige Integration

  • Versuchen Sie Förderbedarfe möglichst individuell zu ermitteln und anzubieten

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