Konflikte gehören dazu – doch es kommt auf den Umgang mit ihnen an

Meinungsverschiedenheiten, Reibungen und Konflikte gehören zum Berufsalltag dazu. Jedes Unternehmen hat Wege gefunden, wie es mit ihnen umgeht. Auch international angeworbene Pflegefachpersonen werden an konflikthaften Situationen beteiligt sein. Dabei ist der Umgang mit Konflikten nicht nur von Persönlichkeit zu Persönlichkeit, sondern auch von Kultur zu Kultur unterschiedlich. Nicht, dass es in Deutschland eine einheitliche und immer faire Streitkultur gäbe. Es ist jedoch von Vorteil, Regeln und Grenzen einzuschätzen und hinsichtlich Streitfragen die „Brille“ der Mehrheitsgesellschaft aufsetzen zu können.

Kulturalisierung und Ethnisierung von Konflikten

Internationale Migrationen sind in Deutschland kontrovers diskutiert. Das spiegelt sich auch im beruflichen Alltag wieder. Es kann sein, dass bestehende Kolleg:innen mit der internationalen Anwerbung nicht einverstanden sind. Auch Pflegebedürftige und ihre Angehörigen können Pflegefachpersonen aus dem Ausland ablehnend gegenüberstehen und dies mit abwertenden Kommentaren zum Ausdruck bringen. Dabei können sachliche Probleme oder leicht zu lösende Missverständnisse kulturalisiert oder ethnisiert werden. Im Sinne von: „Das ist ein:e Kolleg:inn von den Philippinen, die sind „dort“ nun einmal so – das wird sich auch nicht ändern.“ Eine Folge von solchen Annahme ist dann, dass diese Kolleg:innen leicht aus Entscheidungsprozessen herausgehalten werden, weil man ihnen eine Veränderungsdynamik abspricht.

Ein Unternehmen, das Mitarbeitende international anwirbt, muss sich auch dafür verantwortlich zeichnen, migrations-, kultur- und religionsassoziierte Konflikte im Betrieb aufzufangen. Gerade hier zeigt sich, wie belastbar die Willkommenskultur im Unternehmen tatsächlich ist. Vor allem bei bei kulturellen Missverständnissen kann ein:e Integrationsmanager:in als Ansprechpartner:in schlichtend tätig werden.

Verfahren aufsetzen – Spielregeln transparent machen

Um hier keiner Willkür Bahn zu bieten, ist es sinnvoll bestehende Vorgaben, auch hinsichtlich rassistischer und fremdenfeindlicher Ausprägungen hin zu überprüfen. So beispielsweise bei Teamkonflikten oder bei Konflikten mit Pflegebedürftigen und deren Angehörige. Wem werden solche Vorfälle gemeldet, wer ist an der Konfliktlösung beteiligt und nach welchen Kriterien wird vorgegangen?

Diese Fragen können beispielsweise im unternehmenseigenen Qualitätsmanagement erörtert und entsprechende Antworten beschlossen werden. Durch einen solch offensiven Umgang mit diesen Themen fühlen sich Betroffene eher ermutigt entsprechende Vorfälle anzusprechen – und können sich darauf einstellen, was dann folgt. Diese Transparenz bietet Sicherheit.

Sprachkompetenzen ausbauen

Erfahrungsberichte zeigen, dass gerade sprachliche Verständigungsschwierigkeiten als mangelnde fachliche Expertise oder auch allgemeine Schwäche fehlgedeutet werden. Arbeitgebende, die ihre noch recht neu in Deutschland lebenden und arbeitenden Mitarbeitenden stärken wollen, sollten sich daher überlegen, wie sie die deutschen Sprachkompetenzen auch über den bestandenen B2-Sprachtest hinaus fördern könnten, beispielsweise mit der Finanzierung weiterer Sprachkurse. Denn auch so wird Mitarbeitenden der Rücken gestärkt.

Den Betriebsrat frühzeitig einbeziehen

Auch Betriebsräte können bei der betrieblichen, fachlichen und sozialen Integration von international gewonnen Pflegefachpersonen eine wichtige Rolle übernehmen.
Als institutionalisierte Arbeiternehmervertretung im Betrieb ist es an ihnen, die neuen Kolleginnen und Kollegen in betriebliche Mitbestimmungsstrukturen einzubinden und sie zur Mitgestaltung von arbeitsbezogenen Entscheidungen einzuladen. Betriebsräte vertreten auch die Interessen und Perspektiven der aus dem Ausland gewonnen neuen Kolleginnen und Kollegen gegenüber den Arbeitgebern – sowohl bei den Vertragsbedingungen bei Neueinstellungen als auch bei Konflikten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
Darüber hinaus kann der Betriebsrat vermittelnd innerhalb der Belegschaft wirken, wenn es beispielsweise zu Konflikten zwischen Stammbelegschaft und Neuangeworbenen kommt.
Arbeitgebenden ist zu empfehlen frühzeitig das Gespräch mit dem Betriebsrat zu suchen – bereits wenn internationale Fachkraftgewinnung als Personalbeschaffungsstrategie in Erwägung gezogen wird als auch wenn es zur Erarbeitung des betrieblichen Integrationsmanagementkonzeptes kommt.

Über Rassismus reden – auch am Arbeitsplatz!

Struktureller Rassismus im Alltag ist ein komplexes, gesellschaftliches Problem. Oftmals eher als absichtsvolles Handeln eingestuft, sind es häufig gerade unbewusste, unsensible und stereotypbehaftete Denk- und Handlungsmuster, die Rassismus im Alltag ausmachen. So kommt es leider immer wieder zu Vorfällen rassistischer Diskriminierung am Arbeitsplatz, etwa auch im Pflegealltag. Ein:e Patient:in möchte nicht von einer Pflegefachperson mit Migrationshintergrund behandelt werden, es fallen abwertende, rassistische Bemerkungen unter Kolleg*innen oder die medizinische Qualifizierung wird aufgrund der sozialen, kulturellen oder ethnischen Herkunft aberkannt…

Diskriminierung aufgrund rassistischer Motive kann sehr vielgestaltig sein. Wichtig ist, dass sowohl Belegschaft als auch Arbeitgebende gemeinsam aktiv gegen jegliche Form von Diskriminierung vorgehen. Letzterer ist laut Allgemeinem Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sogar verpflichtet, Beschäftigte vor Benachteiligung zu schützten und einer Diskriminierung grundsätzlich vorzubeugen. Dazu gehört es auch eine (rassistische) Diskriminierung als solche zu erkennen, sie sichtbar zu machen und mitunter auch im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten gegen sie vorzugehen. Das kann im Einzelfall beispielsweise in Form einer schriftlichen Abmahnung erfolgen, bei wiederholtem Auftreten aber auch bis hin zu einer fristlosen Kündigung reichen. Von Bedeutung ist aber nicht nur der Einzelfall, sondern vor allem die Signalwirkung und die klare Positionierung gegen jegliche Form von Diskriminierung im gesamten Unternehmen.

Als Arbeitgebender ist es wichtig, grundlegende antidiskriminierende Strukturen, etwa in Form von Leitlinien gegen Rassismus oder Betriebsvereinbarungen, zu etablieren. Ebenso sollten vertrauensvolle Anlaufstellen für diskriminierungsbezogene Themen vorhanden sein, an die sich Betroffene wenden können. Das kann in der Personalabteilung, im Betriebsrat oder in größeren Betrieben sogar in Form einer Antidiskriminierungsstelle erfolgen. Auch Präventionsarbeit durch betriebliche Weiterbildung, etwa in Form von gemeinsamen betrieblichen Trainings zur Kompetenzsteigerung, kann eine wirksame Methodik gegen Rassismus am Arbeitsplatz darstellen. Ziel sollte immer sein, ein erhöhtes Problembewusstsein innerhalb der Belegschaft zu schaffen und eine Nulltoleranz gegenüber Rassismus und Fremdenfeindlichkeit glaubwürdig im Unternehmen widerzuspiegeln. Das kann auch schon in der Personalauswahl seinen Niederschlag finden. Wichtig aber ist vor allem, Mitarbeitende zu einem offenen und direkten Wiederspruch gegen Rassismus zu ermutigen und diesen mit adäquaten und wahrnehmbaren (Disziplinar-)Maßnahmen betrieblich zu untermauern.

Konflikten präventiv begegnen

Neben dem Aufbau von interkulturellen Kompetenzen im Team und in der Führungsebene, einer antidiskriminierenden Organisationskultur und der strukturellen Verankerung eines Prozesses zum Erfassen von Beschwerden, ist es für Unternehmen außerdem ratsam in regelmäßigen Abständen die eigenen Prozesse zu reflektieren und sich dazu Feedback einzuholen, um ein frühzeitiges Erkennen von Konflikten und Handeln zu fördern.

Hierbei können regelmäßige Feedbackgespräche helfen. Diese sollten gut vorbereitet sein und unbedingt auf Augenhöhe stattfinden. Dabei sollten Sie sich auch darüber bewusst sein, dass sich nicht jeder Mensch wohl dabei fühlt verbales Feedback direkt zu äußern. Im Vergleich fällt auf, dass in beruflichen Kontexten in Deutschland Kritik oftmals sehr direkt geäußert wird, Konflikte offen angesprochen werden und auch eine ebenso offene und ehrliche Reaktion darauf erwartet wird. In anderen Ländern kann das anders sein und der Umgang mit Kritik oder Feedback sich anders darstellen. Dafür sollten Sie sensibel sein und Ihren neuen Kollegen und Kolleginnen unterschiedliche Möglichkeiten bieten, um sich zu äußern und Feedback geben zu können.

Im Folgenden finden Sie einen Videoausschnitt aus einem Interview mit Grace Lugert-Jose. Als interkulturelle Trainerin und Beraterin erläutert sie, wie es Arbeitgebenden gelingen kann Rückmeldungen und Vorschläge mit Hilfe des anonymen Befragungstools „ZEIP“ (kostenpflichtig) systematisch zu sammeln, ohne dabei die direkte Ansprache zu wählen.

Das ganze Interview in der Langversion mit Frau Lugert-Jose finden Sie hier

Vielfalt, bunte KreideVielfalt als Chance:

Die Charta der Vielfalt bietet auf ihrer Website umfassende Hilfestellungen und passendes Material rund um das Thema Diversitätssensibilisierung in der Arbeitswelt an.

Online-Toolbox: Antirassistische Bewusstseinsbildung

Darüber hinaus wurde gemeinsam mit Expert:innen aus der Antirassismusarbeit und Diversity-Mitarbeitenden-Netzwerken eine Online-Toolbox zur Antirassistischen Bewusstseinsbildung speziell für Unternehmen und Organisationen entwickelt.

Das Vorhaben wurde gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration und der Beauftragten der Bundesregierung für Antirassismus.

Neue Kompetenzen im Konfliktmanagement aufbauen

Auch für viele Führungskräfte wird es neu sein, Themen, die mit internationaler Migration aufkommen, offensiv anzusprechen und sich souverän und fair zu verhalten. Hier lohnt sich ein Blick in den Schulungs- und Trainingsmarkt. Unter Stichwörtern wie Diversity Management, Interkulturelle Öffnung und interkulturelle Kompetenz finden sich vielfältige Angebote, um sich im Unternehmen proaktiv auf eine Einwanderungsgesellschaft, einen globalisierten Pflegearbeitsmarkt und moderne Personalführung einzustellen.

Weitere Informationen dazu finden Sie hier:

Kompetenzen erweitern

Information und Beratung
bei Fragen zu Rechten und Pflichten im Arbeitsverhältnis und bei Problemen im Job:

https://www.faire-integration.de/

Betriebliche Integration von Pflegefachkräften
aus dem Ausland

Studie der Hans Böckler Stiftung
Anhand einer Analyse des betrieblichen Integrationsprozesses migrierter Pflegefachkräfte werden Spannungsverhältnisse aufgezeigt, die zwischen neu migrierten und Bestandsmitarbeitern am Arbeitsplatz entstehen und Lösungsstrategien aufgezeigt.

https://www.boeckler.de/de/faust-detail.htm?sync_id=8345

Das Wichtigste
für Ihre To-Do-Liste

  • Sie stehen als Arbeitgebende:r in der Verantwortung, gemeldete Konflikte aktiv aufzugreifen und mittels ausgereiften Qualitätsmanagements möglichst vorzubeugen.

  • Stellen Sie das langfristige Wohl Ihres Teams sicher, u. a. um kontinuierlich gute Arbeit zu ermöglichen.

  • Integrationsmanager:innen und/ oder Willkommensmentor:innen helfen Ihnen dabei ein professionelles Konfliktmanagement zu erarbeiten und zu implementieren.

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