Die Einarbeitung als wichtiger Teil der betrieblichen Integration
Das Element der Einarbeitung oder auch des „Onboardings“ (= „ins Boot holen“) ist das Herzstück der betrieblichen Integration von neuen Mitarbeitenden. Esist eine wichtige Phase, in der Arbeitgeber:innen ihre Attraktivität und Kompetenz unter Beweis stellen können: Je besser eine Einarbeitung organisiert und umgesetzt wird, umso schneller können neue Mitarbeitende die gewünschten Leistungen erbringen, Konflikte können aufgefangen und Kündigungen in der Probezeit verhindert werden. Und das nicht nur bezogen auf international ausgebildete Pflegefachpersonen.
Dazu ist es als Unternehmen wichtig zu definieren, welche Information zum konkreten Arbeitsplatz und welches Hintergrundwissen zum gesamten Unternehmen und Betriebsablauf für die:den jeweils neue:n Kolleg:in wichtig sind – und wie und wann man diese Informationen vermitteln kann.
Onboarding bei internationaler Anwerbung besonders im Blick behalten
Wie alle neuen Mitarbeitenden, müssen auch aus dem Ausland angeworbene Arbeitnehmende in die Abläufe und Regelungen eines Unternehmens eingeführt werden. In diesen Fällen wird es nötig sein, den gewohnten Einarbeitungsprozess anzupassen. Hier gilt es zu überlegen, welche weiteren Informationen und Einführungen nötig sind – und wie dies mit dem Anerkennungsverfahren zu vereinbaren ist. Denn die zu beachtenden Auflagen des Anerkennungsprozesses bestimmen die ersten Monate nach der Einreise einer aus dem Ausland angeworbenen Pflegefachperson in erheblichem Maße.
Aufnehmende Team nicht überfordern
Einarbeitung ist anstrengend und aufwändig. Sie setzt voraus, dass sich Teams auf neue Kolleg:innen einlassen, ihre Abläufe offenlegen und diese immer wieder neu erklären. Hierbei ist Einarbeitung immer individuell, denn jede Pflegefachperson hat unterschiedliche Stärken und Schwächen und natürlich auch Interessensgebiete und Arbeitserfahrungen. Kommen bei international ausgebildeten Pflegefachpersonen noch die Sprachbarriere und ein anderes Pflegeverständnis sowie anders erlernte Arbeitsweisen hinzu, macht das den Zeitraum der Einarbeitung noch anspruchsvoller. Aufnehmende Teams werden verständlicherweise irgendwann „müde“, wenn dieser so herausfordernde Prozess immer wieder von vorne beginnt. Auf Managementebene braucht es also ein Gespür dafür, wann Teams eventuell auch einfach mal eine Pause brauchen oder anderweitig unterstützt werden müssen. Freistellung von Personen, die mit der Einarbeitung betraut werden, ist beispielsweise eine gute Möglichkeit einer solchen Unterstützung.
Praxisanleitung für Internationals
Eine andere Unterstützungsmöglichkeiten kann die Schaffung einer neuen Position sein. Praxisanleitende sind häufig eher unterbesetzt. Daher ist die Zeit für Praxisanleitung ohnehin knapp. Anleitung von international ausgebildeten Pflegefachpersonen braucht mehr Zeit. Daher ist es empfehlenswert einige Praxisanleitende im Unternehmen zu beschäftigen, deren Fokus es ist international ausgebildete Pflegefachpersonen einzuarbeiten und anzuleiten. Diese können dann gezielt auf die Aufgabe vorbereitet und weitergebildet werden (z.B. in Sprachsensibler Praxisanleitung oder interkultureller Kommunikation) und Teil des interdisziplinären Integrationsmanagementteams sein. Dort können sie direkt die Themen aus der Praxis mit der Managementebene, gegebenenfalls auch mit Pflegepädagog:innen und Sprachlehrkräften, teilen und Lösungen für Herausforderungen finden.
Von geschaffenen Strukturen profitieren
Im Rahmen der Einarbeitung zeigt sich ein klarer Vorteil, wenn zuvor die Position des Integrationsmanagements geschaffen wurde. Ein:e Integrationsmanager:in kennt das Kompetenzprofil der:des neuen Mitarbeitenden, die Rahmenbedingungen des geplanten Anerkennungsverfahrens und Abläufe im Unternehmen. Dier Einarbeitungsprozess kann sehr komplex sein und verdient daher entsprechende Aufmerksamkeit. Ihn innerhalb eines interdisziplinären Teams zu analysieren und anzupassen kann hilfreich sein. Hierbei können Ideen und Gedanken aus verschiedenen Ebenen miteinfließen und so ein Prozess geschaffen werden, der verschiedenen Sichtweisen mitberücksichtigt.
Vertiefende Informationen zum Thema “Integrationsmanagement” sowie “Mentoring und Patenschaft” und „Interdisziplinäres Integrationsmanagementteam“ finden Sie auch in unserem Werkzeugkoffer.
Einsatz eines gestuften Einarbeitungsplans
Ein gestufter Einarbeitungsplan reagiert auf die besondere Zeit zwischen Einreise und dem vollen Einsatz als Pflegefachperson. Da die meisten international angeworbenen neuen Mitarbeitenden nach der Einreise noch nicht als Pflegefachperson anerkannt sind und daher auch nicht als solche im Dienstplan eingesetzt werden können, gilt es sie in dieser besonderen Zeit besonders gut zu begleiten. Dies gelingt Ihnen als Arbeitgeber:in über die Entwicklung eines gestuften Einarbeitungsplans.
Position und Status am Arbeitsplatz
Klar, die international angeworbenen Mitarbeitenden sollen möglichst schnell in der Position einer Pflegefachperson arbeiten können. Nur mit einem entsprechenden und gültigen Arbeitsvertrag wollten und konnten sie schließlich überhaupt angeworben werden. Doch bis die Berufsanerkennungs- und Zulassungsurkunde vorliegt, müssen Übergangslösungen für die Positionen gefunden werden, da es den Status „Fachkraft in Anerkennung“ formal nicht gibt. Viele Unternehmen greifen während der Startphase daher auf einen Einsatz als Praktikant:in oder – wenn möglich – Pflegehilfsperson zurück. Es empfiehlt sich, den Einarbeitungsplan direkt an den Ansprüchen einer Pflegefachperson zu orientieren – auch wenn einige Tätigkeiten zu Beginn noch nicht ausgeführt werden dürfen. Dies kann in einem gestuften Einarbeitungsplan abgebildet werden – und verhindert, dass sich die neuen Kolleg:innen mühsam aus einem Praktikant:innenstatus herausarbeiten müssen, mit dem sie zuvor in das Team eingeführt wurden.
Einige Beispiele aus der Praxis
Das Skills-Training am Universitätsklinikum Münster

In der langjährigen Erfahrung der internationalen Personalakquise wurden vom Integrationsteam des Universitätsklinikum Münster (UKM) große Unterschiede in der durchführenden Praxis des Pflegealltags wahrgenommen. Um die neuen internationalen Pflegefachpersonen in der Zeit der Berufsanerkennung gut und professionell auf das Berufsbild der Pflege in Deutschland vorzubereiten, finden bereits vor dem ersten Praxiseinsatz Skills-Trainingstage im Trainingszentrum des UKM statt.
In freundlicher, anschaulicher und praxisnaher Atmosphäre werden mittels pflegerischer Fallsituationen und unterschiedlichster Hilfsmittel pflegerische Kernaufgaben, wie z.B. die Grund- und Körperpflege, Mobilisationstechniken oder das Handeln in Notfallsituationen vertieft. Im Skills-Training erhält jede internationale Pflegefachperson die Möglichkeit, in einem geschützten Rahmen ihr pflegerisches Handeln zu üben und geschützt Fragen zu stellen. Des Weiteren erfolgen gegenseitige Beobachtungen und der Austausch von beruflichen Erfahrungen in der Durchführung sowie das Trainieren von Feedbackschleifen.
Das Skills-Training wird durch Mitarbeiter:innen der Stabsstelle Pflegeentwicklung sowie Praxisanleiter:innen des UKM geleitet sowie kontinuierlich reflektiert und angepasst. Berufliche Vorerfahrungen der internationalen Pflegefachpersonen werden aktiv integriert. Das Skills-Training fördert zudem den Austausch und bringt eine Menge Spaß für alle Beteiligten.
Portalstationen für Pflegefachpersonen in Anerkennungsverfahren am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf wird mit den Portalstationen eine neue Art der Einarbeitung von internationalen Pflegefachpersonen im Anerkennungsverfahren erproben. Die Pflegepädagogin Almuth Fimmen begleitet mit ihren Kolleg:innen die Anpassungsqualifizierung für internationale Fachkräfte am UKE.
Im Folgenden erläutert Frau Fimmen das Konzept der Portalstationen.
Nach dem Start der Anpassungsqualifizierung bleiben die Fachkräfte in Anerkennung zunächst für drei Monate auf der Portalstation. Danach wechseln sie auf sogenannte „Zielstationen“. Mit den Portalstationen soll ein berufliches, soziales sowie sprachliches Ankommen der neuen Kolleg:innen ermöglicht werden. Die Fachkräfte in Anerkennung haben dort Gelegenheit, sich mit dem deutschen Pflegesystem, Abläufen und Strukturen vertraut zu machen. Das Ziel ist es, dass die internationalen Pflegefachpersonen während des Aufenthalts auf einer Portalstation durch eigens bereitgestellte Praxisanleiter:innen unterstützt werden. Dabei erhalten sie Einblicke in wichtige Abläufe, das Arbeitsumfeld, patientenbezogene Tätigkeiten, Pflegestandards, eine Einführung in das Qualitätshandbuch und das Dokumentationssystem. Auf diese Kenntnisse wird dann in der sich anschließenden fachlichen Einarbeitung auf der Zielstation aufgebaut. Hintergrund des Konzepts ist vor allem, dass internationale Pflegefachpersonen weniger Druck verspüren und sie das Gefühl vermittelt bekommen, Zeit zu haben, im neuen Land und der neuen Kultur erst einmal richtig anzukommen. Mittels ausreichend personeller und zeitlicher Kapazitäten möchte das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf ermöglichen, dass das Ankommen in Deutschland und im neuen Arbeitsbereich nachhaltig positiv und wertschätzend gestaltet werden kann und damit langfristig gesehen auch die Förderung qualitativ guter Pflege unterstützt wird.
Beispiel für eines gestuften Einarbeitungskonzept für internationale Pflegepersonen im sana Klinikum Offenbach
Das sana Klinikum in Offenbach hat ein Konzept für die Einarbeitung internationaler Pflegepersonen erstellt und nutzt dieses seit einiger Zeit sehr erfolgreich. Weitere Informationen zum Konzept gibt es hier zum Download sowie in untenstehendem Video.
Vorbereitung auf die Berufsanerkennung
Auch der erfolgreiche Abschluss eines Anerkennungsverfahrens bedarf in erheblichem Maße eine angemessene Einarbeitung.
Einige Unternehmen entscheiden sich, die international angeworbenen Mitarbeitenden bis zur Berufsanerkennung und -zulassung aus dem Regelbetrieb möglichst herauszuhalten und ihnen so Zeit und Raum zur Vorbereitung auf die Kenntnisprüfung sowie für Sprachkurse zu schaffen. Ihr konkretes Team und ihren Einsatzbereich lernen Sie dann erst später kennen. Wurde der Weg eines Anpassungslehrgangs gewählt, sind Einsatzorte und Themen bereits strukturiert.
Weitere Informationen zum Anerkennungsverfahren finden Sie hier:
Das Wichtigste
für Ihre To-Do-Liste
Behalten Sie im Blick, dass die Einarbeitung bei international angeworbenen Pflegefachpersonen durch das Anerkennungsverfahren sehr lange dauern kann. Veranschlagen Sie dazu den Zeitraum von der Einreise bis zu sechs Monaten nach der Berufsanerkennung und -zulassung.
Klären Sie, wo und wie die international angeworbene Pflegefachkraft nach der Einreise bis zur vollen Berufsanerkennung und -zulassung arbeiten kann, entwickeln Sie einen darauf basierenden und gestuften Einarbeitungsplan. Prüfen Sie ggf. Möglichkeiten zur Freistellung.
Das Team der Ansprechpartner:innen sollte bei der Entwicklung des Einarbeitungsplan miteinbezogen werden.
Teilen Sie die Arbeitslast durch die gemeinsame Arbeit aller betroffenen Berufsgruppen innerhalb eines interdisziplinären Integrationsmanagementteams
Überfordern Sie die aufnehmenden Teams nicht
Ein Bestandsteam, in welchem es ohnehin bereits Probleme oder Konflikte gibt, ist eventuelle nicht geeignet, um international ausgebildete Pflegefachpersonen einzuarbeiten.
Verschriftlichen Sie den Einarbeitungsplan – so können Sie seine Stärken und Schwächen nochmals prüfen und schaffen Transparenz für alle Beteiligten.
Planen Sie regelmäßige Feedbackrunden während der Einarbeitungsphasen: Fragen Sie die Erfahrungen der neuen Kolleg:innen und des Teams ab und seien Sie bereit, den Einarbeitungsplan ggf. anzupassen.
Besprechen Sie Möglichkeiten und Grenzen der Einarbeitungsbedingungen.
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