Ein Interview mit Almuth Fimmen, zuständig für den Bereich „Anpassungsqualifikation für Gesundheitsberufe“ am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

Das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf wird mit den Portalstationen eine neue Art der Einarbeitung von internationalen Pflegefachkräften im Anerkennungsverfahren erproben. Eine erste Umsetzung des Konzepts ist noch für dieses Jahr geplant. Die Pflegepädagogin Almuth Fimmen begleitet mit ihren Kolleg*innen die Anpassungsqualifizierung für internationale Fachkräfte am UKE. Im Folgenden erläutert Frau Fimmen das Konzept der Portalstationen.

Nach dem Start der Anpassungsqualifizierung bleiben die Fachkräfte in Anerkennung zunächst für drei Monate auf der Portalstation. Danach wechseln sie auf sogenannte „Zielstationen“. Mit den Portalstationen soll ein berufliches, soziales sowie sprachliches Ankommen der neuen Kolleg*innen ermöglicht werden. Die Fachkräfte in Anerkennung haben dort Gelegenheit, sich mit dem deutschen Pflegesystem, Abläufen und Strukturen vertraut zu machen. Das Ziel ist es, dass die internationalen Pflegefachkräfte während des Aufenthalts auf einer Portalstation durch eigens bereitgestellte Praxisanleiter*innen unterstützt werden. Dabei erhalten sie Einblicke in wichtige Abläufe, das Arbeitsumfeld, patientenbezogene Tätigkeiten, Pflegestandards, eine Einführung in das Qualitätshandbuch und das Dokumentationssystem. Auf diese Kenntnisse wird dann in der sich anschließenden fachlichen Einarbeitung auf der Zielstation aufgebaut. Hintergrund des Konzepts ist vor allem, dass internationale Pflegefachkräfte weniger Druck verspüren und sie das Gefühl vermittelt bekommen, Zeit zu haben, im neuen Land und der neuen Kultur erst einmal richtig anzukommen. Mittels ausreichend personeller und zeitlicher Kapazitäten möchte das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf ermöglichen, dass das Ankommen in Deutschland und im neuen Arbeitsbereich nachhaltig positiv und wertschätzend gestaltet werden kann und damit langfristig gesehen auch die Förderung qualitativ guter Pflege unterstützt wird.

Fragen an Almuth Fimmen, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

DKF: Begrifflich betrachtet sprechen Sie im Klinikum eher von „Portal-„ oder eher „Willkommensstationen“?

Almuth Fimmen: Hinter dem Begriff der „Portalstationen“ verbirgt sich ganz richtig eine Art „Willkommens – oder auch Onboarding-Station“, um für den ersten Einsatz im UKE für neue Beschäftige im Anerkennungsverfahren eine berufliche, soziale sowie sprachliche Akkulturation zu ermöglichen. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass viele der Teilnehmer*innen bei der Ankunft in Deutschland zunächst übrfordert sind und eine gewisse Zeit zum Ankommen und zur Regeneration benötigen. Um ihnen das Ankommen zu erleichtern, sollen die Portalstationen dabei helfen den Teilnehmer*innen eine Orientierungsgrundlage zu schaffen, sich mit dem deutschen Pflegesystem, Abläufen und Struktur vertraut zu machen. Ihnen soll hier also die entsprechende Zeit eingeräumt werden, die Grundpfeiler einer professionellen Pflege in Deutschland kennenzulernen und Sicherheit im Umgang dessen zu erlangen.

DKF: Was unterscheidet eine „Portalstation“ grundlegend von einer normalen Station?

Almuth Fimmen: Ein wesentlicher Unterschied einer Portalstation zu einer normalen Station besteht darin, dass die Teilnehmer*innen in der Anpassungsmaßnahme durch eine/n für sie bereit gestellte/n Praxisanleiter/in gezielte Unterstützung und Förderung erfahren sollen. Während der Zeit auf einer Portalstation soll es weniger um eine tiefergehende fachliche Einarbeitung gehen. Vielmehr wird hier das Ziel verfolgt, durch eine enge und intensive Begleitung einer/s Praxisanleiters*in die berufliche, fachliche und sprachliche Akkulturation zu erleichtern, den Stress, durch die neue Kultur und die damit einhergehenden Anforderungen, zu nehmen und zunächst die Vermittlung und Anwendung von grundlegenden Fachkenntnissen im Rahmen des hiesigen Berufsverständnisses (Rolle/Haltung) zu verfolgen.
Die gezielte fachliche Einarbeitung erfolgt erst nach den drei Monaten auf einer Portalstation auf der weiterführenden Station. Während des Aufenthalts auf der Portalstation sollen die Teilnehmer*innen bereits wichtige Abläufe, das Arbeitsumfeld, patientenbezogene Tätigkeiten, Pflegestandards und die Einführung in das Qualitätshandbuch und das Dokumentationssystem kennenlernen. Diese Kenntnisse bilden eine wichtige Grundlage, auf die nach der Portalstation in der fachlichen Einarbeitung aufgebaut werden kann

DKF: Seit wann bestehen die „Portalstationen“ in Ihrem Klinikum? Wie viele solcher Stationen gibt es insgesamt?

Almuth Fimmen: Der Plan sieht vor, dass im UKE zunächst mit fünf Portalstationen gestartet wird. Vier davon befinden sich auf Stationen der Erwachsenenversorgung, eine davon in der Kinderkrankenpflege. Die jeweiligen Stationsleitungen der Portalstationen arbeiten in einer sog. „Onboarding-AG“ des UKE an der Erstellung eines „Portalstationskonzeptes“. Die Pandemie und die damit einhergehenden Schwierigkeiten haben zu einer Verzögerung der Arbeit am Portalstationskonzept geführt. Nun konnte die Arbeit am Konzept, in der Onboarding-AG, wieder aufgenommen werden, sodass die Entwicklung des Konzepts forciert werden kann. Das Konzept der Portalstationen sollte zunächst vorliegen, bis es als Grundlage für die erste praktische Umsetzung des Modells dienen kann. Aber auch danach benötigt es eine stetige Evaluation, um Inhalte ggf. anpassen- und optimieren zu können.

(Zu Ihrem Verständnis: Die „Onboarding-AG“ des UKE, bestehend aus den Stationsleitungen der Portalstationen, den Mitarbeiter*innen des APQ-Teams, Integrationsbeauftragte, z. T. stellvertretende Zentrumsleitungen und Mitarbeiterin aus dem Recruiting trifft sich 1x/Monat zum Austausch zu den Portalstationen- und Einarbeitungskonzept.)

DKF: Welche medizinischen Fachbereiche bzw. Stationen eignen sich am besten für die Einrichtung als „Portalstation“?

Almuth Fimmen: Eine wichtige Voraussetzung für eine Portalstation ist von Seiten des Teams eine Aufgeschlossenheit und Motivation, den Teilnehmer*innen ein willkommenes Gefühl und Vertrauen zu vermitteln. Als wichtig erachten wir, dass sich die Teilnehmer*innen wohl und integriert fühlen, um ihnen eine Umgebung zu ermöglichen, in der Lernen und Kompetenzentwicklung leichter fällt.

Aus fachpraktischer Perspektive ist eine Voraussetzung einer Portalstation, dass sie einen hohen Anteil an Basispflege hat, d.h., dass die Patient*innen dort einen hohen Unterstützungsbedarf verschiedener Lebensaktivitäten haben. Hier haben die Teilnehmer*innen in der Anpassungsqualifizierung die Möglichkeit, an verschiedene Maßnahmen der Basispflege herangeführt zu werden. Dies ist insbesondere deswegen wichtig, da viele der Teilnehmer*innen aus ihren Herkunftsländern nur wenige Vorerfahrungen im Bereich der Grund- und Basispflege sammeln konnten. Bei der Auswahl der Portalstationen wurde beachtet, dass es sich um Stationen handelt, in denen die Arbeit am und mit dem Pflegeprozess möglich ist, um das Prozessverständnis zu fördern. Ebenso sollten die Stationen einen hohen kommunikativen Anteil haben. Die Teilnehmer*innen sollen dadurch in ihrer sprachlichen Kompetenz unterstützt,- bzw. auch das Vertrauen und die Sicherheit in das Sprechen gefördert werden.

Der Fachbereich sollte über gefestigte Strukturen und ausreichend Kapazitäten verfügen, um Anleitungen/klinische Unterrichte oder Bedside-Teachings zu ermöglichen. Im besten Falle steht dafür eine Pflegefachkraft (Vollzeit) als Ansprechpartner*in und Praxisanleiter*in für die Teilnehmer*innen auf der jeweiligen Portalstation zur Verfügung. Der mit den Portalstationen verbundene erhöhte Aufwand wäre neben dem regulären Stationsbetrieb sonst nur schwer realisierbar.

Wir sehen eine große Notwendigkeit in der Durchführung von Reflexionsgesprächen (für die Teilnehmer*innen, aber auch für die Teams). Regelmäßige Reflexionsgespräche sollen dabei hilfreich sein eine stetige Kompetenzentwicklung und Selbstständigkeit der Teilnehmer*innen zu unterstützen und zu fördern. Die regelmäßigen Reflexionsgespräche können durch eine in Vollzeit beschäftigte Pflegefachkraft, die ausschließlich für die Begleitung der Teilnehmer*innen zuständig ist, zeitlich auch umgesetzt werden. Ergänzend dazu werden diese Prozesse auch durch die Pflegepädagogen*innen des APQ-Teams begleitet. Für eine direkte Unterstützung von außen, soll hier ein regelmäßiger Austausch zwischen den Portalstationen und Pädagogen des APQ-Teams etabliert werden.

DKF: Wie ist das Verhältnis Bestandsmitarbeiter – neu Angeworbene auf einer „Portalstation“ (wie viele Praxisanleiter kommen auf wie viele Pflegefachkräfte?)

Almuth Fimmen: Langfristig sieht unser Plan vor, dass sich maximal drei Teilnehmer*innen gleichzeitig auf einer Portalstation befinden. Um die Möglichkeit zu haben, das Portalstationskonzept zu evaluieren und ggf. anzupassen, wäre es sinnvoll mit nur ein, maximal zwei Teilnehmer*innen auf einer Portalstation zu starten. Durch das Konzept der Portalstation wird ergänzend dazu auch dem Problem der schwierigen Planung der Einreisen der Teilnehmer*innen vorgebeugt. Die Teilnehmer*innen können hier zu unterschiedlichen Zeiten starten, welches den Einsatz der Teilnehmer*innen flexibel gestaltet. Ziel ist es, dass auf jeder Portalstation ein/e zusätzliche/r Praxisanleiter/in zur Verfügung steht, welche ausschließlich für die Begleitung der Teilnehmer*innen zuständig ist. Da neben den Patienten auch Auszubildende, Stundenten*innen und Praktikanten*innen betreut werden müssen, wäre ein/e zusätzliche Pflegefachkraft/ Praxisanleiter*in in der Unterstützung der Portalstationen sehr entlastend für das restliche Team.

DKF: Wie lange bleiben aus dem Ausland angeworbene Pflegefachkräfte auf einer „Portalstation“?

Almuth Fimmen: Die Teilnehmer*innen sollen zunächst für 3 Monate auf der Portalstation bleiben. Danach wechseln sie für die verbleibende Zeit der Anpassungsqualifizierung (4,5 Monate) auf die sog. „Zielstationen“. Für die restliche Zeit der Anpassungsmaßnahme werden die Teilnehmer*innen dort bleiben und dort auch ihre Abschlussprüfung absolvieren. Bei der Auswahl der Zielstationen versuchen wir die individuellen Wünsche und Vorerfahrungen der Teilnehmer*innen zu berücksichtigen.

DKF: Was für Vorteile entstehen aus Ihrer Sicht, oder auch basierend auf Erfahrungswerten Ihrerseits, durch die Einarbeitung innerhalb der „Portalstationen“?

Almuth Fimmen: Einen entscheidenden Vorteil erhoffe ich mir darin, dass die Teilnehmer*innen durch den Start auf einer Portalstation zunächst eine „Entschleunigung“ erfahren, die zur Folge hat, dass sie weniger Druck verspüren und sie das Gefühl vermittelt bekommen, Zeit zu haben, sich zu regenerieren und im neuen Land und der neuen Kultur erst einmal richtig anzukommen. Auf einer Portalstation sollen die notwendige Zeit und personelle Kapazitäten vorhanden sein, sodass das Ankommen in Deutschland und im neuen Arbeitsbereich nachhaltig positiv und wertschätzend gestaltet werden kann und damit langfristig gesehen auch die Förderung qualitativ guter Pflege unterstützt wird.

Die Portalstationen stellen ein Instrument zur erfolgreichen fachlichen und beruflichen Akkulturation aller ausländischen Fachkräfte dar. Mit Hilfe der fortlaufenden Reflexionsprozesse soll die Kompetenzentwicklung und Selbstständigkeit der Teilnehmer*innen unterstützt und gefördert werden. Durch die intensive Auseinandersetzung in der Gestaltung und dem Aufbau der Portalstationen werden wichtige Ressourcen/Expertise gebündelt. Auch für die bereits bestehenden Teams hat das Konzept der Portalstationen positiven Einfluss, da sie auf der einen Seite eine große Entlastung durch die Teilnehmer*innen erfahren und sich auf der anderen Seite auch neben ihrer Tätigkeit als Pflegefachkraft anderweitig engagieren können. Aufgrund der Auseinandersetzung mit anderen Kulturen kommt es zu einer Abwechslung im Berufsalltag. Eine psychische Entlastung sowohl für die Teilnehmer*innen als auch die Mitarbeiter*innen der Portalstationen soll ebenfalls einen wichtigen Effekt darstellen.

Durch den Start auf einer Portalstation soll das Sicherheitsgefühl und Selbstvertrauen der Teilnehmer*innen positiv verstärkt werden. Das Ziel ist, dass die Teilnehmer*innen durch die gewonnenen Kenntnisse aus der Zeit auf einer Portalstation einen deutlich leichteren Start in der weiterführenden Zielstation erleben, um dort auf ihre Erfahrungen aufbauen zu können. Dadurch soll es ihnen dort leichter fallen, sich auf die fachliche Einarbeitung zu konzentrieren. Durch das Modell der Portalstationen sollen sich die Teilnehmer*innen nachhaltig integriert fühlen und somit auch der längere Verbleib im Unternehmen unterstützt werden.

DKF: Was würden Sie Einrichtungen mit auf den Weg gegeben wollen, die ebenfalls planen eine „Portalstation“ einzurichten?

Almuth Fimmen: Mein Tipp ist, dass sich potentielle Portalstationen ausreichend Zeit zur intensiven Vorbereitung nehmen sollten. Zunächst einmal ist die Auswahl der Stationen als Portalstationen eine wichtige Entscheidung. Es macht Sinn hierbei Stationen auszuwählen, die bereits einige Erfahrung mit der Einarbeitung und Begleitung von ausländischen Pflegefachkräften gesammelt haben.

Ebenfalls sehe ich es als wichtig an, dass die Teams von Anfang an mit eingebunden werden und sie bei dem Entschluss Portalstation zu werden, unbedingt mitentscheiden dürfen. Da das Modell vom restlichen Team getragen werden muss, stellen hierbei eine hohe Motivation und Verständnis für die Teilnehmer*innen eine wichtige Voraussetzung dar. Offenheit und Interesse für neue Menschen und Kulturen unterstützen dabei den Integrationsgedanken.

Um das Modell der Portalstationen umsetzen zu können ist die Erarbeitung eines Konzeptes ausschlaggebend, um die Ziele einer Portalstation auch entsprechend festlegen- und evaluieren zu können. Es erfordert im Vorfeld eine intensive Auseinandersetzung mit der konkreten Umsetzung, Zielformulierung und notwendigen Ressourcen einer Portalstation, um diese dann in der Praxis auch erfolgreich umsetzen zu können. Das Konzept sollte von einer Arbeitsgruppe der zukünftigen Portalstation erarbeitet werden, damit sie das Konzept dann auch selbst als einen Leitfaden und zur eigenen Orientierung nutzen zu können. Hieraus sollte auch der Unterschied zwischen einer Portal- und Zielstation für alle nachvollziehbar hervorgehen.

Damit das Team durch ihr Portalstationskonzept keine Mehrbelastung erfährt, sollte entweder eine Vollzeit-Pflegefachkraft für die Begleitung der Teilnehmer*innen freigestellt,- oder eine zusätzliche Pflegefachkraft/ Praxisanleiter*in eingestellt werden, denn nur so kann das Konzept auch in seiner Gänze gelebt und erfolgreich umgesetzt werden. Dies stellt eine erforderliche Ressource dar um ein Benefit sowohl für die Teilnehmer*innen als auch für die Teams zu sein und somit auch für andere Stationen/Bereiche attraktiv werden kann.

Um sicherzustellen, dass sich die Portalstationen einheitlich an einem Konzept orientieren ist es sinnvoll, sich in einer Arbeitsgruppe auszutauschen und gemeinsam ein Konzept zur Einarbeitung auf einer Portalstation zu entwickeln. Ebenso dient die Arbeitsgruppe dazu, gemachte Erfahrungen zu kommunizieren und das Konzept zu evaluieren und ggf. anzupassen.

 

Falls Sie Fragen zum Konzept der Portalstationen haben oder Kontakt zur Onboarding-AG des UKE aufnehmen möchten, können Sie folgende Mailadressen verwenden:

Almuth Fimmen (Anpassungsqualifikation für Gesundheitsberufe)
a.fimmen@uke.de

Björn Glöer (Stationsleitung Dermatologiestation)
b.gloeer@uke.de