Mentoring, Patenschaft und Tandem – der Vorteil der persönlichen Begleitung im beruflichen Umfeld
Ganz gleich, ob Mentoring, Patenschaft oder Tandem – persönliche Ansprechpersonen, Fördernde sowie Fürsprecher und Fürsprecherinnen sind für viele im neuen Arbeits- und Lebensumfeld eine wichtige Ressource und helfen bei der Orientierung. Gerade im Rahmen der internationalen Anwerbung von Pflegefachpersonen bietet es sich an, diese Instrumente der Personalentwicklung einzusetzen.
Oft werden alle drei Modelle synonym verwendet und konzeptionelle Unterscheidungen als in der Praxis irrelevant abgetan. Dennoch lohnt es sich, zumindest die unterschiedlichen Perspektiven und Tragweiten zu kennen:
Tandem
Das Tandem ist als eine Sprachlernmethode bekannt, bei der sich zwei Muttersprachler oder Muttersprachlerinnen gegenseitig die jeweils eigene Sprache beibringen.
Da international angeworbene Pflegefachpersonen ihr deutsches Sprachniveau zur Berufsausübung in der Bundesrepublik kontinuierlich erweitern wollen und sollen, sind hilfsbereite und engagierte Teammitglieder ein großer Gewinn. Sie spielen mit Blick auf den (Fach-)Spracherwerb international angeworbener Pflegefachpersonen eine wichtige Rolle. Tandems können allerdings auch für Freizeitaktivitäten außerhalb der Arbeit gebildet werden.
Sprachtandem: Miteinander sprechen – schneller lernen
Die Hamburger Volkshochschule bietet über eine Onlinesuche weltweit kostenlos die Möglichkeit einen Sprachpartner in der gewünschten Zielsprache zu finden:
Patenschaftsmodelle
Patenschaftsmodelle bieten sich während der Einarbeitungsphase neuer Mitarbeitenden an. Solche Paten oder Patinnen zur Einarbeitung befinden sich idealerweise im selben Team und auf der gleichen Hierarchieebene wie die neue Pflegefachperson. Der Pate oder die Patin übernimmt diese Aufgabe freiwillig und begleitet neue Kollegen und Kolleginnen ab dem ersten Arbeitstag für mindestens sechs Monate, bei Bedarf auch länger. Die Paten oder Patinnen zeigen und erklären die formalen Abläufe und Prozesse am jeweiligen Arbeitsplatz und soweit möglich im ganzen Unternehmen. Sie helfen dabei Anschluss an das Teamzu finden und klären über informelle Regeln auf.
Mentoring
Hier geht es um eine Beziehung zwischen Mentor oder Mentorin und Mentee sowie deren Rückbindung an das offizielle Mentoringprogramm. Ein Mentoringprogramm stellt bestimmte Themen in den Mittelpunkt. Die Mentoren und Mentorinnen werden entsprechend vorbereitet und das Programm professionell begleitet. Die Argumente für ein Mentoringprogramm liegen nicht vorrangig in der Einführung und Unterstützung alltäglicher Aufgaben. Vielmehr erklärt sich ein Mentor oder eine Mentorin dazu bereit, in einen vertraulichen und verständnisvollen Austausch mit der oder dem Mentee zu treten. Das können Themen sein, die über den sonstigen kollegialen Austausch hinausgehen. In einem Mentoringprogramm für international angeworbene Pflegefachpersonen können ggf. auch empfundene Unterschiede thematisiert werden.
Kulturbotschafter:innen am Universitätsklinikum Münster (UKM)
Brücken bauen
Das Universitätsklinikum Münster (UKM) hat das Projekt „Kulturbotschafter:innen“ ins Leben gerufen, um international angeworbenen Pflegefachpersonen den Einstieg und die Integration in Deutschland zu erleichtern. Kulturbotschafter:innen, die selbst international angeworbene Pflegefachpersonen sind, fungieren als Bindeglieder zwischen den neuen Kolleg:innen, den Stationsteams und dem Integrationsteam des UKM. Durch ihre eigenen Erfahrungen bringen sie wertvolle Perspektiven ein, die allen Mitarbeitenden dabei helfen können, kulturelle Unterschiede zu verstehen und ein respektvolles Miteinander zu fördern. Diese Rolle ist jedoch Teil eines gemeinsamen Prozesses, bei dem alle im Team dazu beitragen, kulturelle Barrieren abzubauen und ein integratives Arbeitsumfeld zu schaffen.
Ziele und Vision des Projekts
Das Projekt zielt darauf ab, eine Verbindung zwischen neuen Mitarbeitenden und den Stationsteams zu fördern, indem es kulturelle Unterschiede berücksichtigt und den Fokus auf den Austausch, die Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung legt. So wird ein respektvolles und integratives Arbeitsumfeld geschaffen, in dem alle Teammitglieder, unabhängig von ihrem Hintergrund, gut zusammenarbeiten können.
Ziele:
- Sensibilisierung der Stationsteams für kulturelle Unterschiede.
- Unterstützung international angeworbener Pflegefachpersonen bei ihrer Integration.
- Förderung eines respektvollen und wertschätzenden Miteinanders im Arbeitsalltag.
Aufgaben und Rolle der Kulturbotschafter:innen
Integration und Onboarding:
- Unterstützung des Integrationsteams im Onboarding der neuen Kolleg:innen
- Im Kontakt sein von Beginn an: Begleitung bereits im Herkunftsland über Videobotschaften
- Kulturelle Vermittlung: Kulturbotschafter:innen stehen den Stationsteams und den neuen Mitarbeitenden als direkte Ansprechpartner:innen bei Fragen und Problemen zur Verfügung
- Kurspatenschaften: Begleitung der neuen Kolleg:innen während ihrer gesamten Zeit der Berufsanerkennung
- Praxisbesuche: Regelmäßige Besuche auf den Stationen, um eine direkte und kontinuierliche Unterstützung zu gewährleisten
- Fachlicher Kontext: Vermittlung von Informationen über die Pflegebildung und das Pflegeverständnis in den Herkunftsländern der neuen Kolleg:innen
Grenzen der Unterstützung: Die Kulturbotschafter:innen legen selbst die Grenzen ihrer Unterstützung fest und arbeiten in enger Abstimmung mit dem Integrationsteam des UKM, um Überforderung zu vermeiden.
Vorbereitung und Unterstützung der Kulturbotschafter:innen
Vorbereitungsworkshop: Die Kulturbotschafter:innen nehmen an einem einwöchigen Workshop teil, der von Dozent:innen des Instituts für Ethnologie der Universität Münster durchgeführt wird.
Inhalte sind u.a.:
- Reflexion über eigene und fremde Kulturen.
- Umgang mit kulturellen Missverständnissen und Vorurteilen.
- Strategien zur Bewältigung des Kulturschocks und von Diskriminierungserfahrungen.
Kontinuierliche Unterstützung
Kulturbotschafter:innen agieren nie allein. Sie arbeiten eng mit dem Integrationsteam und den Stationsteams zusammen und erhalten Unterstützung durch Supervisionen, Schulungen und Follow-up Coachings im Umgang mit Teamkonflikten und in ihrer Profilschärfung.
Gewinnung und Motivation der Kulturbotschafter:innen
Werbung und Auswahl:
- Ein internes Werbevideo und eine umfassende Internetpräsenz machen auf das Projekt aufmerksam.
- Interessierte können sich über eine projektbezogene Mailadresse bewerben.
- Eine direkte Ansprache erfolgt über Führungskräfte und das Integrationsteam.
Zeitliche Einbindung: Kulturbotschafter:innen werden für geplante Projekttage vom Dienst freigestellt und erhalten Unterstützung bei flexiblen Angeboten wie Onboarding und Einzelbegleitung. Diese Zeit wird als reguläre Arbeitszeit erfasst, eine zusätzliche Vergütung erfolgt nicht.
Umgang mit Herausforderungen: Konflikte und Diskriminierung
Konfliktbewältigung: Bei der Konfrontation mit Konflikten oder Diskriminierungsvorwürfen steht das Integrationsteam den Kulturbotschafter:innen beratend zur Seite. Es besteht zudem ein übergeordnetes Meldeportal, um die Kliniksicherheit zu gewährleisten und Fälle von Diskriminierung zu melden.
Einbindung und Kompetenzerweiterung des gesamten Teams
Alle Mitarbeitende des Pflegeteams haben die Möglichkeit, an einer Fortbildung zur interkulturellen Kompetenz teilzunehmen. Gemeinsame Veranstaltungen, wie z.B. ein interkultureller Tanzworkshop, fördern das Miteinander und helfen, Sprachbarrieren zu überwinden.
Fazit
Das Projekt „Kulturbotschafter:innen“ am UKM unterstützt die Integration international angeworbener Pflegefachpersonen, indem es praktische Hilfestellung bietet und den Austausch im Team stärkt. Die Kulturbotschafter:innen nutzen ihre eigenen Erfahrungen, um neue Kolleg:innen bei der Orientierung zu unterstützen und das Zusammenarbeiten im Klinikalltag zu fördern.
Ansprechpersonen des Projekts:
Angelika Maase, M.Sc. (Leitung Geschäftsbereich Pflegeentwicklung Universitätsklinikum Münster)
angelika.maase@ukmuenster.de
Simon Hake B.A. (Integrationsmanager Abteilung internationale Pflegefachkräfte Universitätsklinikum Münster)
simon.hake@ukmuenster.de
Nadja Lebioda M.A. (Berufspädagogin Abteilung internationale Pflegefachkräfte Universitätsklinikum Münster) nadja.lebioda@ukmuenster.de
Auch Mentoring & Co. müssen verzahnt werden
Egal, welches Modell der persönlichen Begleitung ein Unternehmen einsetzen möchte, es sollte in jedem Falle mit Aspekten der jeweils anderen Modelle kombiniert werden. Auch eine Verzahnung mit weiteren betrieblichen integrationsfördernden Maßnahmen sollte stattfinden.
Zu beachten ist hierbei unbedingt, dass es noch zwei weitere Positionen gibt, die in einem engen persönlichen Austausch mit den neu angeworbenen Pflegefachpersonen stehen:
- Integrationsmanagement
Über das Integrationsmanagement – als Schaltzentrale für das Gesamtanliegen – ist bereits die Anwerbung abgewickelt worden. Die Person, die das Integrationsmanagement übernimmt, kann in kleineren Unternehmen natürlich in Personalunion z. B. auch Mentor oder Mentorin sein. In größeren Unternehmen bzw. wenn mehrere international angeworbene Pflegefachpersonen neu im Unternehmen sind, wird sich die Position des Integrationsmanagements allerdings von den Positionen der Patenschaften oder Mentorings unterscheiden müssen. - Praxisanleitung
Praxisanleitende sind, je nach Defizitbescheid und vereinbarter Ausgleichsmaßnahme, in den ersten Monaten nach der Einreise für die angeworbene Pflegefachperson eine wichtige Ansprechperson.
Natürlich machen fünf persönliche Ansprechpersonen die Situation für alle unübersichtlich. Es liegt daher in der Hand des aufnehmenden Unternehmens hier für alle Beteiligten gute Lösungen zu finden. Denn bisher gibt es hierzu keine standardisierten und erprobten Konstellationen oder Universallösungen, die für möglichst viele Unternehmen passen.
Formulieren Sie das jeweilige Modell zur persönlichen Begleitung konzeptionell aus.
So wird klar, für welche Themen und Bereiche Sie den neu international angeworbenen Pflegefachpersonen eine persönliche Begleitung ermöglichen wollen/ können – und welche Ressourcen dazu den sich hier engagierenden etablierten Mitarbeitern zur Verfügung gestellt werden müssen.
STaF – Soziale Teilhabe ausländischer Fachkräfte in der Pflege
Mentoringprogramm für neuzugewanderte Pflegefachpersonen in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen
Das Projekt STaF des Entwicklungswerks für soziale Bildung und Innovation Landesverband Baden-Württemberg e.V. richtet sich an Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen und ambulante Dienste, die ausländische Pflegekräfte und Auszubildende (Mentees) beschäftigen, sowie an engagierte Bürger/innen, die einen Beitrag zur sozialen Integration der Pflegefachkräfte vor Ort als Mentoren und Mentorinnen leisten wollen.
Die Integration von Pflegefachpersonen aus dem Ausland erweist sich als komplex. Entscheidend für den Erfolg ist neben der fachlichen und betrieblichen Integration auch die soziale Integration. Sprachliche Unsicherheiten und hoher Erwartungsdruck am Arbeitsplatz, aber auch fehlende Möglichkeiten, können dazu führen, dass neu zugewanderte Pflegefachpersonen eher unter sich bleiben und wenig Kontakt zu Einheimischen finden.
Eine Mentor-Mentee-Beziehung kann bei der sozialen Integration vor Ort begleitend hilfreich sein. Ziel ist es, Begegnungsmöglichkeiten zwischen Einheimischen und neuzugewanderten Pflegekräften zu schaffen und so die betriebliche Integration durch die Integration in die Gesellschaft vor Ort zu unterstützen. Darüber hinaus bietet sich die Möglichkeit, Sprachfähigkeiten zu trainieren und einen gemeinsamen Gedankenaustausch über Leben und Arbeiten in Deutschland zu führen.
Weitere Informationen und Anmeldemöglichkeiten als Arbeitgebender, Mentor oder Mentee finden Sie hier:
STaF – Mentoringprogramm für ausländische Pflegefachpersonen
Das Wichtigste
für Ihre To-Do-Liste
Ein gekonntes Willkommensmentoring verlangt innovatives Denken sowie individuelle Ansätze und Lösungen Ihrerseits.
Als international anwerbendes Unternehmen ist es an Ihnen gelegen, einen attraktiven Arbeitsplatz für Pflegefachpersonen aus aller Welt zu schaffen, der sicher ist und von Toleranz sowie gegenseitigem Wohlwollen lebt.
Ideal ist es für jeden international angeworbenen Mitarbeitenden je einen Mitarbeitenden aus dem Bestandsteam zum Willkommensmentor aus- und fortbilden zu lassen. Maximal sollte ein Mentor oder einer Mentorin jedoch fünf Mentees begleiten müssen
Wichtig sind klare Verständnisse von der Zusammenarbeit von Integrationsmanagement und Willkommensmentoren.
Einem Mentor oder einer Mentorin sollten unbedingt genügend zeitliche Ressourcen für eine gute Begleitung zur Verfügung gestellt werden
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